Wer sich für einen Segeltörn bei Clipper entscheidet, nimmt an etwas ganz Besonderem und Einzigartigem Teil, denn jeder Törn ist anders und auf seine Weise spannend. Dieses Jahr hat vom 09.08. bis zum 12.08.2023 ein dreitägiger Schnupper-Törn für Jugendliche stattgefunden. Geplant war, vom Neustädter Hafen hinaus in die Lübecker Bucht zu segeln und im Anschluss wieder in Neustadt festzumachen.

Am Abfahrtstag, nachdem alle 29 Personen an Bord kamen, die Kojen zu- und die Wachen eingeteilt worden sind, haben alle jeweils in ihren Wachgruppen eine Einführung zur Sicherheit an Bord und ein paar anderen essenziellen Dingen (Wachablauf, Zeitplanung, Backschaften, etc.) bekommen. In der nachfolgenden Zeit hatten wir Freizeit, in der wir z.B. noch in die Stadt gehen, oder uns einfach ein wenig einleben konnten.

Segelschiff Amphitrite, Dreimaster, Segel gesetzt
Amphitrite aus der „Möwen-Perspektive“

Am Anker

Nach dem gemeinsamen Essen haben wir dann abgelegt. Doch da es schon spät war (ca. 17:00 Uhr) haben wir an diesem Tag nicht mehr die Segel gesetzt, sondern sind unter Motor ungefähr bis auf Höhe des Hansa-Parks gefahren, um dort über Nacht zu ankern. Ich war auf diesem Törn in der C-Wache und wir waren eingeteilt für die 04:00 Uhr – 08:00 Uhr Wache. Da es eine Ankerwache war, mussten nicht alle an Deck sein und ein Teil unserer Wache konnte weiterschlafen. Wir haben also die vorherige Wache um 04:00 Uhr abgelöst und von dem unserem Steuermann eine Einweisung in den Wachablauf bekommen. Da an Bord Wetterdaten gesammelt und an den Deutschen Wetterdienst berichtet werden, mussten wir jede halbe Stunde „Wetter machen“, d.h. Windstärke, Windrichtung, Wassertemperatur usw. aufzeichnen. Zusätzlich werden, während einer Ankerwache, u.a. Positionsdaten und die Ergebnisse der Ankerketten- und Feuerkontrolle aufschrieben. Trotz dieser Beschäftigungen hat sich die Wache ein wenig gezogen, da es um diese Uhrzeit noch nicht wirklich hell und leider auch ziemlich kühl war. Und da es bewölkt war, hat man auch von dem wunderschönen Sonnenaufgang nur die Hälfte mitbekommen. Aber das Gute war, dass man das Schiff fast für sich allein hatte und die Ruhe genießen konnte.

Durch die Nacht

Nach dem Frühstück mussten wir erstmal den Anker hieven, was ganz schön anstrengend war, obwohl immer sechs Leute abwechselnd am Ankerspill beschäftigt waren. Danach ging es dann endlich ans Segelsetzten. Jede Wache wurde einem Segel zugeteilt, wobei die C-Wache sich um Großsegel und Besan gekümmert hat. Dabei war es wichtig, dass natürlich alle mitmachen, aber auch, dass im richtigen Tempo an Piek- und Klaufalls gezogen wird. Das ist ein richtiger Kraftakt und für ein Fall (Leine zum Setzen des Segels) brauchte es mindestens zwei von uns und natürlich die bewährte Seemannstechnik. Schließlich waren alle Segel gesetzt und wir sind den Tag über weiter hinaus in die Lübecker Bucht gefahren, so, wie der Wind gerade gepasst hat. Leider habe ich mir im Laufe des Nachmittags eine kleine Verletzung beim Manövrieren zugezogen, weshalb ich eine Zeit lang nicht viel vom gerade aufgezogenen stärkeren Wind mitbekam. Die medizinische Versorgung und der Kuchen haben dann aber super geholfen. Zeitweise waren wir mit knapp 5 Knoten unterwegs. In dieser Nacht sind wir durchgesegelt, weshalb bei den Wachen immer alle anwesend sein mussten. Diesmal waren wir in der 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr Wache eingeteilt. Es war eine wunderschöne Fahrt mit zwar nicht ganz so viel Wind, aber einem großartigen klaren Sternenhimmel, einem rotgefärbten Mond, der Milchstraße und unglaublich vielen Sternschnuppen. Außerdem konnte man beim Ablassen des Gerätes zum Messen der Wassertemperatur ein minimales Meeresleuchten sehen. In dieser Nacht stand ich auch das erste Mal als „Rudergängerin“ hinter dem Steuer, was eine neue Erfahrung für mich war, denn ich habe zwar schon Boote gesteuert, aber noch nie so ein großes Schiff und bei Nacht ist es natürlich nochmal doppelt besonders.

Amphitrite vom Baiboot aus fotografiert
Ausflug mit dem Beiboot

Tradition

Am dritten Tag sind wir langsam wieder Richtung Neustadt gesegelt, haben aber zwischendurch noch einmal gewendet, um die Breitfock und später noch den Besan zu setzten. Nach dem Setzen des Besansegels (oft das letzte Segel) gibt es eine alte Tradition: Zur Belohnung nach getaner Arbeit wird aus einer Flasche Sherry erst etwas an Neptun geopfert (ins Meer gegossen) und dann trinkt die Besatzung der Reihe nach davon (in diesem Falle Apfelschorle). Leider hat der Wind irgendwann stark abgeflaut. Der Vorteil davon war, dass alle vom Schiff aus ins Meer springen und baden konnten, weil wir kaum bis gar nicht in Bewegung waren. Das war für alle nochmal ein Highlight. Aber der Wind ist auch nicht wieder mehr geworden, sodass wir den restlichen Weg bis Neustadt wieder unter Motor fahren mussten. Wir sind gegen Abend angekommen und haben die letzte Nacht im Hafen verbracht, weswegen keine Wache nötig war und sich alle nach Möglichkeit ausschlafen konnten.

Abschied

Am nächsten Morgen haben wir dann „Klarschiff“ gemacht (aufräumen, sauber machen, packen, etc.) und dann hieß es auch schon wieder Abschied nehmen und die Amphi für die nächste Crew verlassen.

In diesen drei Tagen habe ich unglaublich viele großartige Erfahrungen und Wissen gesammelt (sei es in der Navigation, dem Leben an Bord, der Teamarbeit und, und, und). Ich habe mich sehr gut mit den anderen Crewmitgliedern verstanden und Kontakte geknüpft. Dieser Törn war einfach etwas ganz Besonderes, denn die Amphi ist nicht nur das erste Schiff, auf dem ich so einen Törn mitgemacht habe, sondern ich verdanke ihr buchstäblich mein Leben. Meine Eltern haben sich an Bord kennengelernt und später verlobt. Jetzt versteh, warum sie immer so viel von den Törns geschwärmt haben. Es ist einfach eine besondere Erfahrung und ich persönlich werde auf jeden Fall wieder mitfahren.

Zwar kann man sagen, dass man bei so einem Törn Geld bezahlt, um arbeiten zu dürfen, aber es lohnt sich allemal für das, was man erleben darf.

Text: Inga P. (15 Jahre)